Rohstoffmärkte, wie Erdgas und Kohle, die für die Herstellung, Heizung und Kühlung verwendet werden, sind nach wie vor von Lieferkettenproblemen beeinträchtigt. Einige Rohstoffmärkte haben erhebliche Verwerfungen erlebt">
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16.02.2022:
PGIM Fixed Income | "Die Ära des billigen Erdgases dürfte vorbei sein"
Köln, den 16.02.2022 (Investmentfonds.de) -
Guillermo Felices, Global Investment Strategist bei
PGIM Fixed Income
Analyse: "Die Ära des billigen Erdgases dürfte vorbei sein"
Kohlenutzung auf Rekordniveau trotz ESG-Druck
Rohölpreise stark gestiegen – Abbau der Lagerbestände
ExxonMobil und Chevron verstärken Fördermengen
Inflation macht Schieferöl wieder attraktiv
Streit um NordStream2 führte zu leeren Gasspeichern
Investmentfonds.de TOP Fonds / ETF Vergleich - Wertentwicklung
Rohstoffmärkte, wie Erdgas und Kohle, die für die Herstellung, Heizung
und Kühlung verwendet werden, sind nach wie vor von
Lieferkettenproblemen beeinträchtigt. Einige Rohstoffmärkte haben
erhebliche Verwerfungen erlebt: So stiegen die europäischen Erdgaspreise
im Dezember 2021 um das zehn- bis 15-fache, und die US-amerikanischen
Erdgas- und Steinkohlepreise stiegen im vierten Quartal 2021 ebenfalls
um ein Vielfaches. Genau hierin liegt aber auch der Widerspruch des
Übergangs zu grünen Energiequellen:
Trotz trotz des ESG-Drucks erlebte die Kohlenutzung 2021 mit hoher
Wahrscheinlichkeit ein Mehrjahreshoch, da die vergleichsweise geringeren
Preise für Erdgasverbraucher einen Anreiz boten, auf den kohlenstoff-
intensiven Brennstoff umzusteigen.
Globale Rohölmärkte um etwa 2,8 Mio Barrel pro Tag unterversorgt
Das anhaltende Nettoangebot an Rohöl im Jahr 2021 führte zwar zu einem
Abbau der globalen Lagerbestände und stützte die Preise, doch dürfte sich
der Markt im Jahr 2022 allmählich wieder ausgleichen. Grund dafür sind
die Rücknahmen der OPEC+-Kürzungen, eine nachlassende Nachfrage und eine
geringfügige, aber dennoch bedeutsame Reaktion der US-amerikanischen
Produktion. Derzeit schätzen wir, dass die globalen Rohölmärkte um etwa
2,8 Millionen Barrel/Tag unterversorgt sind. Dies ist auf den starken
Abbau der Lagerbestände im Jahr 2021 und den Anstieg der WTI-Preise um
55 % im letzten Jahr zurückzuführen.
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EIA, IEA und OPEC rechnen mit steigender Diesel-und
Benzinnachfrage von 3-4 %
Dieses Jahr könnte die Nachfrage den Höchststand von vor der Coronakrise
übersteigen. In der Vergangenheit stieg die weltweite Ölnachfrage außerhalb
globaler Rezessionen zuverlässig um ein bis zwei Mio. Barrel pro Tag pro Jahr.
Unser Wirtschaftsteam prognostiziert für 2022 ein starkes globales BIP-Wachstum
von 4,2 %. Angesichts der Tatsache, dass verzögerte Nachfragekomponenten
(z. B. Flugzeugtreibstoff) möglicherweise wieder zunehmen werden, halten wir
daher ein Nachfragewachstum von zwei Millionen Barrel pro Tag für angemessen.
Sowohl die Energy Information Administration (EIA), die International Energy
Agency (IEA) als auch die OPEC gehen davon aus, dass die Ölnachfrage in diesem
Jahr aufgrund der weltweit steigenden Diesel- und Benzinnachfrage um 3-4 %
steigen wird.
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Überraschender Anstieg der Fördermenge in den USA
Was das Angebot anbelangt, so haben die großen unabhängigen US-Produzenten
entgegen dem historischen Trend nicht mit höheren Investitionsausgaben auf
die Ölpreiserholung reagiert. Ihr Fokus hat sich vom Wachstum auf die
Aktionärsrendite verlagert. Die großen unabhängigen US-Förderer, die in
den letzten zehn Jahren die Angebotsausweitung anführten, gehen jetzt von
einem Förderungswachstum von nur 0-5 % im Jahr 2022 aus. Dies entspricht
wohl kaum der notwendigen Angebotsreaktion, um einen Ausgleich des
Nachfragewachstums zu schaffen. Zudem planen etwas überraschend große
Ölkonzerne, wie ExxonMobil und Chevron, erhebliche Steigerungen der
Fördermenge, und wir gehen davon aus, dass das Wachstumstempo der beiden
großen Konzerne im Jahr 2022 höher sein wird als das der unabhängigen
Produzenten. Auch die privaten US-Förderer haben 2021 die Zahl der
Bohrtürme kräftig erhöht. Die in Privatbesitz befindlichen Anbauflächen
sind in der Regel weniger produktiv, die erwarteten Angebotsausweitungen
jedoch erheblich. Wir schätzen, dass die privaten Produzenten im Jahr 2022
zwischen 200.000-300.000 Barrel Rohöl pro Tag fördern könnten. Die größte
Quelle für zusätzliche Rohölvorräte im Jahr 2022 wird jedoch die OPEC+ sein.
Die derzeitig geplanten OPEC-Kürzungen enden im Mai 2022, und die
OPEC+-Produktion steigt bereits jetzt. Einige Mitgliedstaaten, wie Angola
und Nigeria, haben jedoch Schwierigkeiten, ihre Quoten zu erfüllen, Dies
führt zu Skepsis an den Märkten , ob die OPEC+ überhaupt noch in der Lage
ist, mittelfristig genug zu produzieren, um die weltweite Nachfrage zu decken.
Inflation macht Schieferöl wieder attraktiv
Über das Jahr 2022 hinaus besteht Grund zur Annahme höherer Rohölpreise.
Das Rohölangebot außerhalb der USA ist im Verhältnis zum erwarteten
Nachfragewachstum im Jahr 2023 weiterhin knapp. Damit die USA ihren Status
als Ausgleichproduzent, als sogenannter "Swing-Produzent", wiedererlangen
können, muss es einen "Appell" zur Förderung von Schieferöl geben.
Es bleibt abzuwarten, ob die US-Produzenten diesem Aufruf folgen
werden - angesichts der Nachfrage nach Aktionärsrenditen und des
verstärkten ESG-Drucks, der das Kapital von traditionellen
Öl- und Gasprojekten wegführt. Auch der Inflationsdruck dürfte dazu
führen, dass die Break-even-Preise für US-Schieferöl von den 35-50
US-Dollar von vor der Coronakrise auf 40-55 US-Dollar ansteigen.
Die mittelfristige Rohölnachfrage ist angesichts der zunehmenden Verbreitung
von Elektrofahrzeugen und erneuerbarer Energie weniger sicher. Wann genau
sich die strukturelle Ölnachfrage ändern wird ist unklar. Man erwartet jedoch,
dass sie im Laufe der Zeit einen bedeutenden Einfluss auf die Gesamtnachfrage
haben wird. Wir betrachten 50 US-Dollar/Barrel als weiche Untergrenze für
Rohöl für die Zeit nach 2022. Außerdem sehen wir für das Jahr 2023 eine Spanne
von 60-80 US-Dollar/Barrel als realistisch an, da ein angemessener Anreiz für
ein zusätzliches Angebot geschaffen werden muss, das in nächster Zeit
größtenteils aus den USA kommen muss.
Ölpreiseinbruch hat Gaspreise stagnieren lassen
Die US-Preise für Erdgas zogen 2021 stark an und überstiegen im September
die Marke von 6 US-Dollar/mmBtu, was auf eine Reaktion des Angebots aufgrund
der Disziplin der Erzeuger sowie auf eine starke Nachfrage infolge robuster
Exporte und eines stabilen Grundlaststromverbrauchs zurückzuführen ist.
Die EIA erwartet, dass die Preise im Jahr 2022 durchschnittlich
3,79 US-Dollar/mmBtu betragen werden.[1]
Was die langfristigen Nachfragetrends für Erdgas angeht, sind wir optimistisch
gestimmt und betrachten es als einen Übergangskraftstoff, der die
Energieversorgung mit erneuerbaren Energien überbrückt. Die Ära des billigen
Erdgases dürfte daher vorbei sein, und die Preise dürften in den nächsten Jahren
über 3,00 US-Dollar/ mmBtu liegen werden.
Es gibt zwei Hauptgründe, warum die Erdgasproduktion seit 2019 trotz einer
Verdoppelung des Preises stagniert. Erstens haben sich die US-Erdgasproduzenten
bei ihren Investitionsausgaben sehr viel disziplinierter verhalten. Die Erdöl-
und Erdgasindustrie hat ein Jahrzehnt hinter dem allgemeinen Aktienmarkt
zurückgebliebener Renditen hinter sich, und die Aktionäre haben verlangt, dass
der freie Cashflow zur Schuldentilgung und/oder zur Rückzahlung von Barmitteln
an die Aktionäre verwendet wird. Die Reinvestitionsquote der Produzenten ging
von mehr als 100 % des Cashflows vor dem durch COVID-19-bedingten Einbruch der
Gaspreise auf heute 50-70 % zurück. Zweitens führte der Ölpreiseinbruch auch
zu einer Verlangsamung der auf Öl ausgerichteten Bohrungen. Dies wiederum führte
zu einem Rückgang der Erdgasströme aus den Ölquellen (so genanntes
"assoziiertes Gas"). Außerdem ist festzustellen, dass das Gasangebot aus dem
ergiebigen Marcellus-Formation im Nordosten der USA aufgrund von Pipeline-
beschränkungen begrenzt ist.
Zu den Triebkräften der robusten Nachfrage gehören die starken Exporte von
verflüssigtem Erdgas (LNG) sowie die steigende Stromnachfrage, da weiterhin
Kohlekraftwerke stillgelegt werden. Die US-LNG-Exporte lagen 2021 bei
durchschnittlich 9,8 Mrd. Kubikfuß/Tag, gegenüber 6,5 Mrd. Kubikfuß/Tag im
Jahr 2020 und weniger als 1,0 Mrd. Kubikfuß/Tag im Jahr 2016. Die EIA rechnet
mit durchschnittlich 11,5 Mrd. Kubikfuß/Tag, wenn der sechste Transportzug
des Unternehmens Sabine Pass LNG und die ersten Züge der neuen LNG-Exportanlage
Calcasieu Pass LNG in Betrieb gehen. Die Spanne zwischen den US-Erdgas- und
den internationalen Preisen ist nach wie vor groß, so dass das Arbitrage-
Exportfenster weitgehend offen bleibt.
Angesichts der Abkehr der Industrieländer von der Stromversorgung aus Kohle hat
Erdgas dazu beitragen, dass im Jahr 2020 rund 1.500 Milliarden Kilowattstunden e
rzeugt werden. Dies entspricht einem Anstieg von mehr als 50 % gegenüber 2010,
während der Kohleanteil an der Stromerzeugung im gleichen Zeitraum um rund 50 %
gesunken ist.
Streit um NordStream2 führte zu Leerung der Gassspeicher
Die europäischen Erdgaspreise stiegen im Jahr 2021 ebenfalls sprunghaft an, da
das Angebot angesichts der steigenden Nachfrage schrumpfte. Die Gründe für die
Versorgungsengpässe sind vielfältig und beinhaltet unter anderem eine höhere
saisonale Nachfrage und die Weigerung Russlands, zusätzliche Lieferungen über
die Basisverträge hinaus bereitzustellen. Die Prognosen für die Gasversorgung
sind komplizierter, da sie vor allem von geopolitischen Faktoren und der
Entscheidung über die Genehmigung von NordStream2 abhängen.
Russland ist mit 18 % der Weltproduktion im Jahr 2020 nach den USA (23,6%) der
zweitgrößte Erdgasproduzent. Mit einem geschätzten Marktanteil von 23 % ist
Russland außerdem der größte Gasexporteur der Welt (die Gesamtausfuhren belaufen
sich auf 230 Mrd. m³). Europa und China sind die wichtigsten Exportmärkte, wobei
China in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen hat. Die Schätzungen der
Gasreserven schwanken stark und reichen von 37,4tcm bis 47,8tcm im Jahr 2020 (EIA).
Die jüngsten Auseinandersetzungen um die Genehmigung der NordStream2-Pipeline
haben dazu geführt, dass Russland beschlossen hat, nur die vertraglich
festgelegten Grundmengen zu liefern und nicht die üblichen zusätzlichen Lieferungen
in Spitzenzeiten der Nachfrage.
Die Füllmenge der EU-Speicher, die von russischem Gas abhängigen sind, liegt
derzeit unter ihrem historischen Durchschnitt. Der russische Konzern Gazprom
zögert offenbar damit, die Produktion zu erhöhen, um die Speicher zu füllen.
Gazprom hat Einfluss auf fast ein Drittel aller Gasspeicher in Deutschland,
Österreich und den Niederlanden. Aus rein vertraglicher Sicht liefert das
Unternehmen die festgelegte Gasmenge, jedoch nicht darüber hinaus. Länder mit
einer geringeren Abhängigkeit von Gazprom- Lieferungen, wie Frankreich und
Italien, verfügen über normale Gasvorräte in ihren Speichern.
Erschwerend kommt hinzu, dass man in Russland ernsthaft befürchtet, dass der
starke Gaspreisanstieg die Gasfelder anderer Länder wirtschaftlich unrentabel
machen und die Entwicklung und Nutzung alternativer Energiequellen fördern wird.
Der eigentliche Wendepunkt für den Gasmarkt in Europa ist jedoch die Genehmigung
der NordStream2-Pipeline. Solange diese Frage nicht geklärt ist, wird der Markt
weiter angespannt bleiben.
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